Arbeitsmodell Workation – so geht’s rechtlich richtig!

Jul. 2023

Seit der Etablierung von Homeoffice und mobilem Arbeiten hat sich bei vielen Mitarbeitern der Wunsch gefestigt, möglichst flexibel bei der Bestimmung des eigenen Arbeitsortes zu sein. Sie haben das Bedürfnis, ihre Tätigkeit nicht nur am Wohn- bzw. Dienstort, sondern gegebenenfalls auch in Verbindung mit einem Urlaub, z.B. am Meer, in den Bergen usw. auszuüben. Workation nennt sich diese Vermengung von Arbeit und Urlaub, und ist eine Kombination der englischen Begriffe „work“ und „vacation“. Technisch ist dies meist ohne weiteres möglich. Die rechtliche Bewertung kann aber durchaus schwierig sein, da hierauf zugeschnittene gesetzliche Regelungen aktuell noch fehlen.

Arbeitgeber stehen daher vermehrt vor der Herausforderung zu bewerten, welche rechtlichen Anforderungen zu beachten sind, insbesondere welche Rahmenbedingungen bestehen. up rechtsanwälte gibt Ihnen Rechtssicherheit und berät Arbeitgeber und Arbeitnehmer rund um das Thema „Workation“.

Eine der wichtigsten Fragen: Bin ich weiterhin in Deutschland sozialversichert?

Zu erst werfen wir einen Blick auf die sozialrechtlichen Fragestellungen, wenn Workation im Bereich der EU, im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder in der Schweiz geplant ist. Ein elementarer Grundsatz im europäischen Sozialrecht ist die Freizügigkeit, d.h. das Recht der Bürger auch in anderen Mitgliedstaaten eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufzunehmen. Hierdurch stellt sich zwangsläufig die Frage, welches nationale Sozialversicherungssystem für den Mitarbeiter in der jeweiligen Situation anwendbar ist.

Zunächst gilt hierbei der Grundsatz, dass ein Arbeitnehmer lediglich in einem Mitgliedstaat (exklusiv) versichert sein kann. Primär wird der Arbeitnehmer bzw. der Selbstständige dem Beschäftigungsstaat, also dem Staat, in dem die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird, zugeordnet. Der Wohnort ist hierbei ohne Bedeutung. Dies hätte zur Folge, dass automatisch mit der Ausübung der Tätigkeit im Ausland die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des Beschäftigungsstaates eingreifen würden. Es käme hierdurch zu einem Wechsel der Sozialversicherungssysteme. Es leuchtet ein, dass dieses Ergebnis gerade in Fällen, in denen die Auslandsbeschäftigung lediglich befristet ausgeübt wird, nicht sachgerecht ist.

Die hier relevante EG- Verordnung 883/2004, welche die Koordination des Sozialversicherungsrechts der Vertragsstaaten untereinander regelt, enthält diverse Ausnahmevorschriften vom Grundsatz, dass die Sozialversicherung über den Beschäftigungsstaat abgewickelt wird. So ist zum Beispiel geregelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen der entsendende Staat (also der Staat, in dem die Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird) gem. Art 12 EG-VO 883/2004 zuständig bleibt, wenn die Tätigkeit auf Wunsch bzw. auf Weisung des Arbeitgebers befristet im Ausland ausgeübt wird. Man spricht hier von einer Entsendung.

Was aber ist, wenn kein betriebliches Interesse am Einsatz im Ausland, sondern allein ein (privates) Interesse des Arbeitnehmers besteht?

Im Hinblick auf die unklare Rechtslage haben sich die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger in der BRD erfreulicherweise in einer Verlautbarung aus dem Jahre 2020 auf eine gemeinsame Vorgehensweise geeinigt.

Nach dieser Verlautbarung sind die Grundsätze der Entsendung, zumindest vorläufig, auch auf Fälle anzuwenden, wenn die Verlagerung des Arbeitsortes in das Ausland nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers, sondern auf Wunsch des Arbeitnehmers und mit Einverständnis des Arbeitgebers, erfolgt.

Beantragung einer A1 Bescheinigung durch Arbeitgeber

Für den Arbeitgeber hat dies zur Folge, dass er eine sog. A1 Bescheinigung beantragen muss. Mit der A1 Bescheinigung wird nachgewiesen, dass der Beschäftigte oder der Selbständige bei einer Dienstreise in das europäische Ausland weiterhin im Heimatland versichert ist.

Die Beantragung erfolgt elektronisch bei gesetzlich krankenversicherten Personen bei der jeweiligen Krankenkasse, bei privat Versicherten bei der DRV bzw. bei der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen. Die Bescheinigung ist grundsätzlich im Voraus zu beantragen, bei kurzzeitigen oder kurzfristen Geschäftsreisen ist ggf. eine nachträgliche Beantragung möglich.

 

Arbeitsrechtliche Aspekte, die der Arbeitgeber bei Workation beachten sollte

Neben den oben genannten sozialrechtlichen Anforderungen sind auch arbeitsrechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen. Es empfiehlt sich daher für den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer eine ausdrückliche (zusätzliche) Vereinbarung zu treffen.

Arbeitsrechtsrechtlich ist davon auszugehen, dass bei einer nur vorübergehenden Erbringung der Arbeitsleistung aus dem Ausland weiterhin deutsches Arbeitsrecht anwendbar ist. Voraussetzung ist, dass vom Arbeitnehmer erwartet wird, nach seinem Auslandseinsatz seine Arbeit im Herkunftsland, hier also Deutschland, wieder aufzunehmen. Dies ist bei Workation der Fall.

Zusätzlich sind allerdings im Beschäftigungsstaat geltende rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen, wenn diese zum Schutz des Arbeitnehmers unabdingbar sind, also nicht umgangen werden dürfen. Dies gilt insbesondere in den Bereichen Arbeitsschutz (Sicherheit und Gesundheit), Mutterschutz, gesetzliche Feiertage usw.

Darüber hinaus sollten, zur Sicherstellung eines reibungslosen Ablaufes, arbeitsvertragliche Regelungen u.a. zu den folgenden Punkten getroffen werden:

  • Wahl des anzuwendenden Rechts
  • Einzuhaltende Fristen in Bezug auf die Beantragung der Workation
  • Regelungen zur Zeiterfassung, Verteilung der Arbeitszeit, Erreichbarkeit
  • Dauer des Auslandsaufenthaltes
  • Nutzung der Betriebsmittel,
  • Möglichkeit der Beendigung der Workation durch den Arbeitgeber

up rechtsanwälte berät Arbeitgeber bereits im Vorfeld bei der Einführung von allgemeinen Regelungen zum Workation und begleitet bei der konkreten Umsetzung, d.h. der Prüfung im Einzelfall, Beantragung der notwendigen Bescheinigungen und Gestaltung der individuellen Arbeitsverträge.

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Max Dengler

Fachanwalt für Sozial- und Versicherungsrecht

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