Die hiergegen eingelegten Rechtsmittel blieben allerdings erfolglos.
Das Bundessozialgericht wies die Klagen ab und konkretisierte unter welchen Bedingungen Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer, welche über Gesellschafteranteile von weniger als 50 % verfügen, eine sozialversicherungsfreie selbständige Tätigkeit ausüben.
Zu den Hintergründen:
Vor allem seit 2012 hat sich das Bundessozialgericht („BSG“) vermehrt mit der Frage auseinandergesetzt, wann von einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit und wann von einer selbständigen Tätigkeit bei Gesellschafter-Geschäftsführern auszugehen ist.
Allgemein liegt eine selbstständige Tätigkeit vor, wenn der Geschäftsführer die „Rechtsmacht“ besitzt, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist zunächst bei Gesellschaftern gegeben, die zumindest 50 % der Anteile am Stammkapital halten.
Anerkannt ist zudem, dass ausnahmsweise auch bei Minderheitsgesellschaftern die Sozialversicherungsfreiheit eintreten kann, wenn der Geschäftsführer über eine Sperrminorität verfügt.
Die Grundsätze des BSG wurden nun in den aktuellen Entscheidungen präzisiert.
Sozialversicherungsfreiheit bestehe, so das BSG, wenn dem Gesellschafter „nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer müssen in der Lage sein, einen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse auszuüben und dadurch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen zu können.“
Ohne diese Mitbestimmungsmöglichkeit seien Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht im „eigenen“ Unternehmen tätig, sondern in weisungsgebundener, funktionsgerecht dienender Weise in ein fremdes Unternehmen eingegliedert. Deshalb sei eine „unechte“, nur auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln.
Dem bei der Statuszuordnung zu beachtenden Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände sei, nach der Argumentation des BSG, nur Rechnung getragen, wenn klar erkennbar sei, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer bei allen Beschlüssen der Gesellschafterversammlung eine Sperrminorität eingeräumt ist.
Die Urteile sind bei genauer Betrachtung im Ergebnis nicht überraschend, da sie die bisherige Rechtsprechung des BSG hinsichtlich der erforderlichen Rechtsmacht und der Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher und beitragsrechtlicher Tatbestände konsequent fortführen.
Dennoch verdeutlichen die Entscheidungen, dass zum einen eine eindeutige Bewertung nicht bereits dann möglich ist, wenn eine Sperrminorität formell vereinbart wurde. Bei dieser muss es sich tatsächlich auch um eine „echte“ oder „qualifizierte“ handeln.
Zum anderen zeigt sich klar, dass das betroffene Unternehmen nur dann Rechtssicherheit hat, wenn eine verbindliche Entscheidung durch eine Behörde, z.B. im Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle, im Rahmen einer sozialrechtlichen Betriebsprüfung oder in einem Verfahren bei der Einzugsstelle, vorliegt.
Denn dann genießt das Unternehmen Vertrauensschutz, gerade auch hinsichtlich zukünftiger Gesetzesänderungen und einer möglichen, unvorhersehbaren Weiterentwicklung durch die Rechtsprechung.
Wir prüfen für Sie, ob ein aktueller Bedarf besteht, Ihren Gesellschaftsvertrag abzuändern.
Außerdem begleiten und vertreten wir Sie in den verschiedenen Verfahren, in denen über die Sozialversicherungspflicht des Geschäftsführers entschieden wird, insbesondere im Statusfeststellungsverfahren und in der sozialrechtlichen Betriebsprüfung.