Scheinselbstständigkeit.

Rechtsberatung für Scheinselbstständigkeit

Ihre Kanzlei für Arbeitsrecht in Augsburg berät Sie rechtssicher rund um das Thema Scheinselbständigkeit

Die Einstellung eines Arbeitnehmers ist für Arbeitgeber mit hohen Kosten verbunden, da angestellte Mitarbeiter in den Bereichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung pflichtversichert sind. Die Summe der Beiträge beläuft sich auf ca. 40 % des Bruttoeinkommens, innerhalb der Bemessungsgrenze, und wird in etwa zur Hälfte vom Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer getragen.

Daher ist es für Unternehmer häufig von Interesse die Aufträge nicht durch fest angestellte Mitarbeiter zu erledigen, sondern mit Selbstständigen bzw. mit Subunternehmern zusammenzuarbeiten.

Auf der anderen Seite haben auch Selbstständige oft kein Interesse daran sich fest an einen Arbeitgeber zu binden. Sie wollen ihre persönliche und wirtschaftliche Freiheit beibehalten und autonom ihre berufliche Tätigkeit gestalten.

Von einer Scheinselbständigkeit spricht man, wenn die Vertragsparteien den Vertrag, also den Werkvertrag, Dienstvertrag, Auftrag o.ä., als selbständige Tätigkeit behandeln, rechtlich betrachtet aber ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Allerdings unterliegt die Frage der Sozialversicherungspflicht nicht dem Willen der Vertragsparteien, sondern muss auf der Grundlage von Kriterien, die vor allem von der Rechtsprechung herausgearbeitet wurden, bewertet werden.

Wesentliche Kriterien sind hierbei:

  • die Weisungsgebundenheit in Bezug auf Ort, Zeit und Art der Tätigkeit,
  • die Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers, insbesondere in den Arbeitsablauf,
  • das Tragen eines Unternehmerrisikos, z.B. Nutzung eigener Betriebsmittel,
  • die Vereinbarung eines Festgehalts,
  • Auftreten auf dem Markt usw.

Das Risiko im Falle einer Scheinselbständigkeit trägt überwiegend der Arbeitgeber: er ist teilweise sehr hohen Nachforderungen ausgesetzt, i.S. der Zahlung der kompletten Beiträge (auch des Arbeitnehmeranteils) und von Säumniszuschlägen. Außerdem stellt das vorsätzliche Nichtabführen der Beiträge eine Straftat dar, sodass der Arbeitgeber ggf. einem Strafverfahren oder einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ausgesetzt ist.

Unsere Leistungen beim Thema Scheinselbstständigkeit

  • Wir erarbeiten gemeinsam, welche Kriterien, für oder gegen eine Scheinselbständigkeit sprechen und unterstützen sie dabei, soweit möglich, die entscheidenden vertraglichen Regelungen abzuändern, z.B. Festlegung der vertraglichen Pflichten und Arbeitsabläufe, Umstellung des Bezahlsystems, Nutzung eigener Betriebsmittel usw.
  • Wir beraten und vertreten sie in Statusfeststellungsverfahren und sozialrechtlichen Betriebsprüfungen, um Rechtssicherheit zu haben
  • Wir beraten und vertreten sie in Bezug auf negative Entscheidungen der DRV oder den Einzustellen zum Status sowie im Falle von Beitragsnachforderungen
  • Wir führen für sie die Rechtsmittelverfahren, insbesondere Widerspruchs-, Klage-, Berufungs- und Revisionsverfahren

Sozialversicherungspflicht eines Kursleiters im Fitnessstudio

Das Bayerische Landessozialgericht hat in einem Beschluss vom 18.8.2023-L7 BA 72/23 B ER hingewiesen, in einem fremden Fitnessstudio tätige Fitnesstrainer seien regelmäßig abhängig beschäftigt.

Von entscheidender Bedeutung war insoweit, dass die Trainer in der Arbeitsorganisation des Studios eingegliedert waren sie hätten auch nicht über wesentliche unternehmerische Gestaltungsspielräume verfügt. Sie hätten ihre Arbeitskraft zu einem fest vereinbarten Stunden-/Minuten Satz verwertet. Auch hätten diese nicht Möglichkeit gehabt, ihre Kurse an einem anderen Ort stattfinden zu lassen.

Journalist als freier Mitarbeiter

Die redaktionelle Tätigkeit eines Journalisten kann sowohl im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit wie auch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden.

In einem Urteil vom 29.03.2023-L8 BA 52/19 hat das LSG Hessen die redaktionelle Tätigkeit eines Journalisten als selbstständige Tätigkeit bewertet.

Bei der Feststellung des Status sei auch die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit zu berücksichtigen. Zusätzlich war von Bedeutung, dass der Journalist auf der Grundlage einer Pauschale bezahlt wurde, Reisekosten nicht zusätzlich vergütet wurden und der Journalist weitgehend weisungsfrei tätig war und eine Eingliederung in die Betriebsabläufe des Verlages auf das notwendige Maß begrenzt wurde.

Abhängige Tätigkeit eines Fahrers

Bei der Beurteilung des Status in Bezug auf einen für Transportfahrten eingesetzten Fahrers kommt es entscheidend darauf an, ob diese über ein eigenes Fahrzeug verfügt und von wem die Kosten des Fahrzeuges, im Sinne des Betriebsmittels getragen werden.

Das Investitionsrisiko sei insoweit ein wesentliches Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Durch das Vorhandensein eines eigenen Fahrzeuges habe der Selbstständige auch einen unternehmerischen Gestaltungsspielraum, um seine Tätigkeiten auf dem Markt anzubieten.

Hierauf hat das LSG NRW in einem Urteil vom 22.06.2020-L8 BA 78/18 hingewiesen.

Sozialversicherungspflicht eines Musiklehrers

Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil vom 28.06.2022-B 12 R 3/20 entschieden, dass im konkreten Fall ein Musiklehrer, welcher auf der Grundlage eines unbefristeten „Honorarvertrag“ tätig war, sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, es habe die Pflicht bestanden, die Arbeitsleistung persönlich in festgelegten Räumen durchzuführen. Außerdem sei der Musiklehrer auch in prägender Weise in die Organisationsabläufe der Musikschule eingegliedert.

Der Eingliederung in den fremden Betrieb hätten im konkreten Fall keine typischen unternehmerischen Freiheiten des Musiklehrers gegenübergestanden, die unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken erlauben.

Der Musiklehrer hatte keine unternehmerische Gestaltungsmöglichkeiten. Er hatte weder die Möglichkeit, im Rahmen des Vertragsverhältnisses eigene Schülerinnen und Schüler zu akquirieren und auf eigene Rechnung zu unterrichten, noch konnte er die geschuldete Lehrtätigkeit durch andere erbringen lassen.

Nebenjob als Notärztin oder Notarzt regelmäßig versicherungspflichtig

Ärztinnen und Ärzte, die im Nebenjob immer wieder als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst tätig sind, sind, so das BSG in verschiedenen Entscheidungen vom 19. Oktober 2021, regelmäßig sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Ausschlaggebend war hierbei, dass die Ärztinnen und Ärzte während ihrer Tätigkeit als Notärztin und Notarzt in den öffentlichen Rettungsdienst eingegliedert waren. Sie unterlagen Verpflichtungen, zum Beispiel der Pflicht, sich während des Dienstes örtlich in der Nähe des Notarztfahrzeuges aufzuhalten und nach einer Einsatzalarmierung durch die Leitstelle innerhalb einer bestimmten Zeit auszurücken.

Nach Auffassung des BSG sei es hierbei unerheblich, dass dies durch öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgegeben ist. Zudem hätten die Ärztinnen und Ärzte überwiegend fremdes Personal und Rettungsmittel benutzt.

Nicht entscheidend sei es hierbei, dass es sich nicht um Rettungsmittel des betroffenen Landkreises als Arbeitgeber, sondern der Stadt gehandelt habe. Entscheidend sei, dass die Ärztinnen und Ärzte keine eigenen Mittel in einem wesentlichen Umfang eingesetzt hätten.

Kontaktdaten

Max Dengler | Rechtsanwalt & Fachanwalt für Sozialrecht und Versicherungsrecht
T: +49 (0) 821 650 997 20
Schreiben Sie Herrn Rechtsanwalt Dengler